Bericht vom Hebeisen-Mitarbeiter Manuel Bünzli
In den Monaten April und Mai ziehen die Thunfischschwärme des Mittelmeeres jeweils in küstennahe Bereiche um Kleinfische zu jagen. Einige der bekannteren Stellen, die von der Schweiz aus ohne längere Anreise zu erreichen sind, befinden sich im Golf von Lyon, um das Ebro-Delta und auch an der italienischen/kroatischen Adriaküste (letztere eher für die zweite Saison in den Monaten Oktober und November).
Dies ist die Zeit, in welcher auch Spinn- und Fliegenfischer auf Ihre Kosten kommen können.
Mit meinem Fischerkollegen Vitus zusammen machte ich mich Anfang April auf nach Canet en Roussillon, einem Badeort an der Côte Vermeille nahe der spanischen Grenze, um mit der Fliege diesen Fischen nachzustellen (und auch um gut zu essen, denn für das ist die Region Languedoc ebenfalls sehr bekannt).
In Frankreich wird die Taktik, um Thunfische mit leichtem Gerät und Spinnködern wie Popper, Jigs und Fliegen auf Sicht (!) zu fangen, Thon sur chasse, genannt. Nomen est omen, es handelt sich um eine eigentliche Jagd, denn die Thunfische jagen selbst sehr dynamisch in mehr oder weniger grossen Trupps nach Kleinfischen und bewegen sich unglaublich schnell, dementsprechend jagen auch die Fischer den raubenden Thunfischschwärmen nach. Die Fischerei erfolgt von einem schnellen und wendigen Boot aus. Sind die jagenden Thunfische ausgemacht (meist erkennbar durch kreisenden Vögel am Horizont), muss man so schnell wie möglich am Ort des Geschehens sein, denn das Fressen eines eingekreisten Schwarms von Kleinfischen an der Oberfläche bildet nur die Schlussphase im Ablauf des Fressverhaltens einer Thunfischgruppe. Einmal an der Stelle angekommen, wird der Köder in Richtung der raubenden Fische geworfen. Es gilt, die Nerven nicht zu verlieren. Insbesondere als Fliegenfischer tut man gut daran, die losen Schnurklänge jeweils vor (!) dem Werfen zu ordnen, so dass es keine Verwicklungen in der Running Line geben kann, wenn es zum Fischkontakt kommt. Und man muss sich zwingend in Geduld üben. In der Mehrzahl der Fälle waren die Thunfische bereits wieder weg, als wir den Fressplatz erreichten.
Die Bisse erfolgen brachial und der Drill mit einem der kampfstärksten und schnellsten Meerfische ist etwas vom spektakulärsten, was einem in einer Fischerkarriere passieren kann. Eine erste 150 Meter Flucht ins Backing in gefühlten 20 Sekunden nach dem Anhieb ist nur der Auftakt für die kommenden 20 bis 30 Minuten Drill. Als ich den Fisch so nahe herangepumpt hatte, dass bereits die Hälfte der Fliegenschnur wieder auf der Rolle war, wiederholte sich das ganze Spiel von vorne (notabene mit völlig geschlossener Rollenbremse). Erst nach einer etwas kürzeren 3. Flucht zeigte der Fisch erste Ermüdungserscheinungen. Und wohlbemerkt, mit 1.26 Metern und ca. 45 Kilo Gewicht war das noch ein kleiner Fisch.
Die Fischerei mit der Fliege bedingt eine gewisse Standfestigkeit (Tipp: rutschfeste Bootsschuhe kaufen) und eine Wurftechnik, die es erlaubt, so schnell wie möglich so viel Schnur wie möglich zu werfen. Das Führen des Streamers erfolgt dann in kleinen, erstaunlich langsamen Strips. Je näher beim Boot, desto schneller sollte gestrippt werden. Wir haben mit Surf-Candy Variationen und grösseren KinkyMuddlern gefischt (Grösse im Frühling etwa 6-10cm, schlank gebunden auf 3/0 oder 4/0 Heavy Salzwasserhaken, z. B. TMC 600 SP, im Herbst grösser, Naturfarben mit Blau- und Grüntönen sowie einem „Bleeding-Tag“).
Die Ausrüstung zum Fliegenfischen besteht in einer Bluewater Rute von idealerweise 8 1/2 Fuss in einer möglichst hohen Schnurklasse (Stichwort „lifting Power“) (in meinem Fall eine Thomas&Thomas Bluewater 8‘6‘‘ #14-16 und einer Rio Leviathan Intermediate Schnur).
Als Vorfach wird ein ca. 2 Meter langes 0.60mm Stück Fluorocarbon mittels einer Bimini Twist-Schlaufe an der Fliegenschnur befestigt. 300 Meter 50 Pfund Backing auf der Rolle sind für einmal nicht bloss abstruse Empfehlungen für den einen unwahrscheinlichen Fall im Leben eines Fliegenfischers, sondern eine ganz vernünftige Länge.
Die Rolle ist im Gegensatz zum Bachfischen bei uns im Bergbach nicht blosses Schnurreservoir, eine rucklos anlaufende Bremse und ein grosses Schnurfassungsvermögen sowie eine top Verarbeitung sind Pflicht. Mit der Nautilus NV (die übrigens erst letzthin wieder den 1. Platz an einem ReelShoot out gemacht hat) bin ich hier gut gefahren, es gab kein Stocken, kein Überhitzen oder sonstige Probleme.
Bedingung ist auch ein guter Guide. Mit Samuel Elgrishin von Roussillon-Fishing in Canet en Roussillon haben wir einen richtigen Glückstreffer gelandet. Seine sympathische Art, sein enormes Wissen und seine professionelle Kompetenz als Bootsführer haben mich sehr beeindruckt.
> Das Video zum Drill