Aus der PETRI NEWS 172-2012
Markus Angst
Der gute Fischer und seine Qualitäten
Nachbar urplötzlich verstummt...»
Das World Wide Web ist manchmal wirklich eine gute Sache. Bei manch einer Gelegenheit stösst man auf richtige Perlen - auch zum Thema Fischerei. Eine solche meine ich unlängst entdeckt zu haben und möchte Sie Ihnen nicht vorenthalten. Es handelt sich dabei um das Credo eines unbekannten Fischers, welches in etwa um 1900 in einer Anglerzeitschrift publiziert wurde. Ich überlasse Sie nachfolgend dem Originaltext.
„Keine männliche Ergötzung verlangt mehr Geschicklichkeit, keine nimmt die geistige und körperliche Gewandtheit mehr in Anspruch als das Angeln. Ein schneller Blick, ein Gehirn, welches auf alle Perceptionen [meint Wahrnehmungen, Eindrücke] lebhaft reagiert, eine feine Tätigkeit der Hand, Schärfe und Zartheit des Tastsinnes, Gewandtheit der Bewegungen, physische Ausdauer, ein unablässiges Beherrschen der Ungeduld und unermüdliche Aufmerksamkeit sind dem Sportfischer unentbehrlich. Dabei sind seine Waffen aus so zarten und so zerbrechlichen Materialien angefertigt, dass er alle List anwenden muss, um einen starken Gegner mit so schwachen Mitteln zu besiegen. Die Sportfischerei stellt sehr hohe sittliche Anforderungen an den Menschen; sie verlangt vor allen Dingen nicht bloss ein Verständnis, sondern eine direkte Liebe zur Natur, zur Schöpfung und zur Kreatur selbst.“
Ergeht es Ihnen auch so, dass Sie diese Zeilen grad ein zweites Mal lesen mussten? Das ist doch einfach gewaltig! Da hat sich doch tatsächlich vor über 100 Jahren ein Genosse hingesetzt und auf ein paar wenigen Zeilen dargelegt, was Sache ist - was es mit uns Fischern auf sich hat! Ergänzungen sind überflüssig. Was der Kamerad hier schreibt, darf – ja muss man einfach so stehen lassen! Einzig möchte ich anfügen, dass man in der heutigen Zeit darüber diskutieren könnte, das zweite Wort zu streichen. Aber sonst geht das definitiv in Ordnung.
Ich habe mir schon überlegt, diese wunderbaren Zeilen gross auszudrucken und zwecks guter Haltbarkeit in schützende Plastikfolie zu laminieren. Diese Karte würde ich dann permanent auf mir tragen und bei Gelegenheit zücken. Von letzteren gäbe es ja genug! Stellen Sie sich nur mal vor, wie der tennis-, golf- oder fussballspielende Nachbar urplötzlich verstummt und einen zartrosa Teint annimmt, wenn er sich mal wieder mit leicht arrogantem Grinsen vergleichend über unsere Hobbys äussert! Wunderbar wohltuend, dieser Gedanke!
Oder auch daheim, wenn’s wieder mal darum geht, wohin der nächste Urlaub uns führen soll und ob man am Sonntag tatsächlich mit an den Nachmittagskaffee von Tante Klara soll, anstatt zum Fischen zu gehen. Einfach besagte Karte hinhalten und dem Gegenüber etwas Zeit zum Lesen einräumen. In Bälde wird das kritische Gegenüber beschämt zu Boden blicken und sich fragen, wie um Himmels Willen man auch nur eine Alternative zur göttlichsten aller Betätigungen in Betracht ziehen konnte.
Nun ja, sie werfen mir zu Recht vor, das ich etwas überschwenglich geworden bin. In ähnlicher Stimmung wohl, wie der unbekannte Kollege, als er diese doch gar salbungsvollen Zeilen verfasst hat. Subtrahiert man allerdings einen Teil des dick aufgetragenen Pathos, so bleiben da doch wirklich genau diejenigen Eigenschaften, die den guten, sympathischen und erfolgreichen Fischer ausmachen.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in ein gesundes, glückliches und fischreiches neues Jahr!
Ihr Markus Angst