Markus Angst
Jungfische mit Heimat - ein erster Versuch an der Jona
In den Petri News 179 habe ich unter dem Titel „die Sache mit dem grünen Strom“ darüber berichtet, wie Fischbestand und Gewässersohle der einst paradiesischen Jona durch ein Kleinkraftwerk zerstört wurden. Dank grossem Einsatz der Pächter sind wir heute soweit, dass die Behörden nun Massnah-men ergriffen haben, welche den Kraftwerksbetrieb so einschränken, dass weitere Zwischenfälle künf-tig auszuschliessen wären. Ein mühevoll errungener, aber wichtiger Teilsieg für die Natur also. Offen allerdings ist immer noch, ob- und wie die Gewässersohle instand gesetzt und die unzähligen Tonnen übelster Sedimente entfernt werden.
Für uns Fischer steht nun auch der Wiederaufbau des praktisch völlig zerstörten Fischbestandes an, was definitiv ein längerfristiges Projekt darstellt! Wir haben vor dieser Ausgangslage viele Gespräche geführt und die Situation auch zum Anlass genommen zusätzlich zum klassischen Besatz mit Brütlin-gen, dieses Jahr einen Versuch mit Brutboxen zu machen.
Kurz zur Funktionsweise der Brutboxen: Befruchtete Eier der Bachforelle werden im Augenpunktstadi-um, geschützt in einem feinmaschigen Kunststoffgitter, der sogenannten Brutbox, an geeigneten Stel-len im Zielgewässer ausgebracht (Stichwort Wassertiefe, Strömungsgeschwindigkeit, Sauerstoff, Lichtschutz). Die im neuen „Heimgewässer“ frisch geschlüpften Bachforellen ernähren sich die zu-nächst vom Dottersack. Ist diese Nahrungsquelle aufgebraucht, verlassen die nun „erschlankten“ Jungfische die Brutbox durch die Maschen und suchen sich ihr neues Habitat.
Warum nun haben wir uns zu diesem Versuch entschieden? Wo sehen wir Chancen und Vorteile dieser Methode?
Wir meinen, dass dieses Verfahren der natürlichen Reproduktion im Vergleich zu anderen zugelasse-nen Methoden am nächsten kommt. Die Larven schlüpfen bereits im Zielgewässer und sind daher bestens an dessen natürliche Verhältnisse gewöhnt (Wasserbeschaffenheit, Temperatur, Abfluss-mengen, Fliessgeschwindigkeiten, Nahrungsangebot, Feinde, Aufbau eines sozialen Gefüges). Die Jungfische weisen keine degenerativen Domestizierungserscheinungen, wie z.B. fehlender Fluchtin-stinkt (vgl. Fischzuchten) auf; sie müssen sich Ihre Nahrung selbst suchen, sobald der Dottersack aufgebraucht ist.
Zum Schluss möchte ich noch einen weitern, für mich zentralen Punkt erwähnen: Mit dieser Methode wird ein sogenanntes „Homing“ möglich. Dort wo die Forelle schlüpft, ist sie zu Hause! Das ist insofern wichtig, als auch die Bachforelle zum Laichen an ihren „Geburtsort“ zurückkehrt, sofern das für sie irgendwie möglich ist.
Die Pächter haben am 3. März dieses Jahres rund 2000 Eier in insgesamt 8 Brutboxen an zwei ver-schiedenen Standorten ausgebracht. Anschliessend wurden die Brutboxen praktisch täglich kontrol-liert. Die Wassertemperaturen wurden gemessen und sonstige relevante Beobachtungen aufgezeich-net, um aus diesem Versuch möglichst viel für die Zukunft lernen zu können.
Erfreulich ist nun das erste Zwischenresultat: Obwohl die Qualität der dieses Jahr zu Verfügung ste-henden Eier eher mässig war, erfolgte drei Wochen später der Schlupf und dies mit einer Erfolgsrate von etwa 90%! Hochgerechnet bedeutet das, dass aus den 2000 Eiern nun 1800 Bachforellen ge-schlüpft sind und in der Jona eine neue Heimat gefunden haben. Sicher – die grosse Mehrheit dieser Fische wird die Laichreife nicht erreichen und als Nahrung für andere enden. Doch diejenigen, die durchkommen, werden sich zu starken Bürgerinnen und Bürger der Jona entwickeln!
In der Hoffnung, Sie inspiriert zu haben, Ihr Markus Angst