H.R. Hebeisen
Catch & Release - Ja oder Nein? Nein!
Zuerst einmal eine ganz klare Definition, was Catch&Release bedeutet: Du darfst nicht, nein, du musst jeden gefangenen Fisch zurücksetzen, also nix von freiwillig. Gleich anschliessend ein Statement: In der Schweiz verbietet das Gesetz ein Catch&Release in diesem Sinne. Im Gegenteil, die Obrigkeit will uns Fischer verpflichten, jeden gefangenen, massigen Fisch zu töten. Pardon, auch ein Nonsens. Gibt es denn bald nirgendwo mehr eine vernünftige Mitte?
Als Fischereiartikel-Händler habe ich ja wohl ein Interesse daran, dass überall möglichst viele Fische herumschwimmen, damit die Fischer Erfolg haben, ergo viel ans Wasser gehen, ergo bald wieder neues Material, vom Köder bis zur Rute (möglichst bei uns) einkaufen. Händler bin ich wohl, aber, was unsere Fischerei betrifft, nur an dritter Stelle; zuerst bin ich Fischer und dann Fliegenfischer. Leidenschaftlicher, heute noch. Drum mache ich mir auch berechtigte Sorgen über einen guten Fischbestand und genau darum bin ich kein Freund von Catch&Release. Ein solcher zu sein, brüsten sich vor allem viele Fliegenfischer und meinen dann, sie seien deshalb besonders fair. Aber dem ist leider nicht so, ich sage Euch den Grund gleich.
Für mich, als Fliegenfischer mit fünfzig Jahren praktischer Erfahrung ist eines ganz klar: Eine vernünftige Entnahme von bestimmten Fischen gehört für mich genauso zur Hege eines Gewässers, wie der Besatz von bestimmten Fischen. Stellen wir doch eines klar: Allein das Futter im Gewässer bestimmt, wie viele Kilo Fische vernünftig ernährt werden können. So reicht es halt in einem bestimmten Abschnitt vielleicht für zehn Forellen, die je ein Kilo wiegen, oder halt zwanzig Pfünder oder halt eben vierzig mit einem halben Pfund Gewicht. Aber nicht nur das zählt, sondern auch vor allem die Tatsache, dass nun halt eine Forelle (und übrigens auch die Äsche, man glaubt es kaum) ab einer bestimmten Grösse nicht mehr mit kleiner Insektennahrung auskommt, sondern die eigene Art frisst. Eben, die Jungforellen, den Besatz! Macht es also Sinn, in einem Alpengewässer eine räuberische Forelle mit über fünfzig Zentimetern wieder zurück zu setzen? Nein, das ist für mich der pure Nonsens und das Gegenteil einer seriösen Hege.
Es gibt noch andere Gründe: Soll ich denn, z.B. in einem Hotelgewässer, dreissig, fünfzig oder gar mehr Euro bezahlen, um alle Fische zurücksetzen zu müssen, damit der Gewässereigner auch noch das Geld für einen Besatz sparen kann? Und ich soll dann dafür am Abend noch einen fetten Schweinebraten mit pampigen Kartoffelknödel essen, statt einer knusprigen, saftigen Forelle Meunière? Nicht mit HRH. Wenn schon denn schon, soll er die Fliegenfischer gratis fischen lassen, wenn er schon alle seine Forellen behalten will. Und das gilt auch für bestimmte Lachsflüsse in denen Catch&Release gilt. Und wegen einem einzigen Lachs, den ich noch entnehmen darf, muss ich ja auch nicht für drei Wochen tausende von Kilometern in den Norden zurücklegen.
Zudem; haben sich die Catch&Releaser schon mal überlegt, mit welchen Argumenten sie mit ihrer Haltung den Nichtanglern gegenüberstehen, die uns Fischern gegenüber kritisch sind? Sagen Sie doch mal so einem „Tierfreund“, dass sie nur zum Spass fischen, um den Fisch zu drillen um ihn dann wieder zurück zu setzen. Und hören Sie dann einmal, was er Ihnen, und etwa gar nicht zu Unrecht, sagt!
Nein, richtiger ist, dass wir Fischer allein schon darum eine Berechtigung zum Fischfang haben, weil wir die Heger der Gewässer sind. Heisst, dass wir ganz gezielt einen Überbesatz, z.B. an Weissfischen in einem Forellenfluss, oder Raubfische in einem Baggerweiher oder eben halt übergrosse räuberische Forellen in einem Bach oder Fluss befischen, diese aus dem Wasser entnehmen, töten und auch essen, damit sich der Bestand der restlichen Fischwelt im Gewässer verbessert. Man kann es auch als nachhaltige Nutzung und vor allem als Hege bezeichnen.
Diese ist eigentlich unsere einzige Legitimation ans Fischwasser zu gehen um unsere Passion aus zu üben. Wir sollten sie nicht mit Catch&Release kaputt machen.