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Fliegenfischen und Fliegenfischen
Aus der PETRI NEWS 191-2015

 H.R. Hebeisen

Fliegenfischen und Fliegenfischen

«Die Fliege fischt überhaupt nie, sondern hängt leblos im Wasser!»

Dass das zwei verschiedene Dinge sein können, weiss derjenige Fliegenfischer, welcher an unseren Bergbächen mit der Fliege fischt, sich aber auch mit Fliegenfischen an, z.B. irischen Seen auskennt. Ein Unterschied wie Formel1 oder von mir aus mit dem Allrad auf die Alp hinauf fahren.

Wir werden an den kommenden 23. bis 25. April-Tagen während unserer SWISS FLY SHOW Zeit haben, miteinander dieses Thema mündlich und praktisch zu diskutieren. Die Woche zuvor demonstriere ich an der 10. EWF in Fürstenfeldbruck und bin auch dort gerne bereit darüber zu reden.

Nur kurz, auf einen Nenner gebracht, der grosse Unterschied. Beim Fliegenfischen in den schnell und unregelmässigen Alpen- und Voralpen-Gewässern kommt es auf eine filigrane Wurftechnik an, die Trockenfliege muss mit diversen Trickwürfen mal so und mal so angeboten werden. Beim Fliegenfischen auf dem Lough Corrib zum Beispiel kommt es nur drauf an, wie lange die, meistens nasse oder halbnasse, in der Maifliegenzeit oft auch trockene Fliege im Wasser schwimmt. Es geht, vor allem dank der Rudertechnik des Bootführers sogar ganz ohne Wurftechnik: Einfach die Fliegen baden lassen und mit Menden arbeiten.

Daraus ergab sich, zwischen einem Schweizer Fliegenfischer, der aber auch an den irischen Seen „oft zu Hause“ ist, folgender (abgekürzter) Schriftwechsel.

Guten Tag lieber Fischerkollege

Ganz zuerst, herzlichen Dank für den überzeugend, vernünftigen Artikel „Catch & Release - ja oder Nein? Nein!!!!!“ in den „Petri News“.

Spricht mir persönlich aus dem Herzen. Hatte deswegen schon mit den jungen Forstingers in Schärding, vor etlichen Jahren, Meinungsverschiedenheiten. Sehe aber der weiteren Entwicklung mit Sorge entgegen. Wasser auf die Mühlen der Fischer Gegner!

Zu etwas Erfreulichem. Ich habe, im Mai dieses Jahres, zum ersten Mal in meinem Leben Göran Anderson getroffen. Wusste vorher nichts über diesen Mann. Dann sah ich seine neue Wurftechnik. Ich muss sagen, einfach, effektiv, elegant. Hat mich überzeugt. Denn nur wenn die Fliege im, oder auf dem Wasser schwimmt, fängt sie Fische. Oft habe ich mich schon geärgert, wenn Fische, in Irland auf dem See, nach der Maifliege steigen, und ich muss erst mühsam meine Schnur aufladen , um meine Fliege wieder für einen 2. Versuch anbieten zu können. Meist ist der Fisch dann schon wieder weg. Darum interessiert mich ausserordentlich, was sagt der grosse Meister zu dieser Technik? Weiss ich nicht alles darüber? Gibt es Vorbehalte? Lohnt es sich damit anzufangen?
Mit Gruss aus Irland
Erich Armoneit

P.S.Einen „faulen“ Fischer kenne ich auch. Patrick am Lough Derg. Der geht nur fischen, wenn der Wind bläst. An langer Rute und Schnur lässt er Maifliegen auf dem Wasser tanzen. Meist kommt der doch tatsächlich mit Fischen um die 4, 6 oder mehr Pfund, zurück.


Lieber Fischerkollege

Göran Anderson ist zweifellos einer der Grossen und das schon seit Jahrzehnten. Und, wenn er was doziert, so hat er Recht. Man darf aber halt einfach das Wort Fliegenfischen nicht nur auf einen einzigen Nenner bringen. Es ist doch ein Gewaltsunterschied, ob ich an der Emme, der Thur oder an der Töss mit der Trockenfliege auf Forellen oder in kleinen Flüsschen sogar auf Äschen fische. Auch Lachsfischen, ob in Skandinavien oder sonst wo, ist etwas völlig anderes und für diese Art der Fischerei ist Andersons's Technik und Präsentation perfekt, ob man damit an der Iller Äschen fängt, das ist eine andere Frage.

Wenn Sie in Irland mit dem Laden der Rute Probleme hatten, haben sie genauso falsch gefischt, wie das praktisch alle Schweizer Trockenfliegenfischer tun. Richtig ist doch, dass der Boatman das Boot so im Wind hält, dass es möglichst langsam driftet. Da gibt es nur eine effiziente Fangtechnik. Ich habe die Menge Schnur draussen, die ich grad noch beherrsche. Das sind z.B 15 Meter. Und nun gibt es nur eine fängige Technik beim Fischen mit der Lachsfliege, der Nymphe oder dem Streamer, die irische: Blitzartig nach dem Ablegen mache ich fünf Ein-Meter lange Strips mit der Schnurhand. 50 cm als Kompensation für das, dass das Boot ja zur Fliege hin driftet und etwa 50 cm, dass die Fliege überhaupt "fischt".

Nun ist die Fliege bei 10 Meter am Boot angelangt, das ist genug, um meine Rute voll zu laden, also ganz sanft abheben (in dem Moment beisst oft noch einer oder eine) und dann mit viel Druck ein (und ja kein zweiter!) Rückwurf und sofort wieder ablegen. Ist kein Problem, wir haben ja den Wind im Rücken und dann, eben ohne den Unterbruch von einem Sekundenbruchteil sofort wieder so einstrippen. Wir fischen die Fliege also immer rund 10 bis 15 Meter von uns weg und zwar fast ununterbrochen, nix von wegen Leerwürfen. Das Ganze braucht vor allem mit den langen Ruten auch etwas Kraft für den Rückwurf - aber nicht eine perfekte Wurftechnik.

Aber was machen sie fast alle, auch wenn man es schon X-mal sagte; sie werfen möglichst 18 oder mehr Meter, dann vergeht eine Sekunde, bis sie endlich in 30 cm Zügen einstrippen und zwar bis nahe ans Boot: Resultat: Ganz klar, die Fliege fischt überhaupt nie, sondern "hängt" leblos im Wasser und das den ganzen Tag und dann sagen sie Bootfischen ist Scheisse weil sie logo nix fangen. Und zudem, die Rute wieder voll aufzuladen ist nicht nur mühsam (bei starkem Wind sogar unmöglich), sondern verursacht während der Leerwürfe auch Windknoten ohne Ende. Stichwort: Makrame.

In Oughterard verstarb kürzlich ein Fischer, der sehr viele Forellen und auch Lachse gefangen hat, der überhaupt nicht werfen konnte oder vielleicht fast sicher nicht werfen wollte. Er badete die Fliege regelrecht mit Menden von Links nach Rechts. Und, weil er ein Schlauer war, logisch hinter dem Boot! Uns so fischte seine Fliege ununterbrochen. Scherz: Vielleicht ist GA bei ihm in die Schule gegangen...
Freundlicher Gruss – auch aus Irland
H.R. Hebeisen

P.S. Der faule Fliegenfischer ist kein fauler Fliegenfischer, sondern ein kluger Fliegenfischer. Ist es windstill auf dem See, geht man in den Pub; auf dem See bleibt man mit jeder Garantie Schneider. Fliegen baden und Fliegen fischen sind nochmals zwei verschiedene Dinge.